35 Jahre nach Beginn des postsowjetischen Übergangs in Europa werden Bilder des „Ehemaligen Ostens“ häufig noch in Grautönen dargestellt. Erst in jüngerer Zeit beginnt die Forschung zum Kalten Krieg, sich von dem Konstrukt zweier monolithischer, gegensätzlicher Blöcke zu lösen und das Konzept alternativer oder paralleler Modernitäten zu erkunden, statt den früheren Ostblock primär durch Mangel und Rückstand zu definieren. Um diese Bilder farbiger zu machen, Brüche und Durchlässigkeiten des Eisernen Vorhangs zu erforschen und vorgefasste Meinungen aufzubrechen, präsentiert die Gruppenausstellung EastUnBloc subversive und experimentelle Medienkunstwerke und -praktiken von mehr als zwei Dutzend Künstler_innen und Kollektiven aus Mittel- und Osteuropa während der sozialistischen Ära und den ersten Jahren der Transformation. Darüber hinaus werden die Produktionskontexte, in denen sie entstanden sind, sichtbar gemacht. Die Arbeiten bilden dabei eine Art „künstlerische Intelligenz“ – als Inspiration und Werkzeugkasten, um auf aktuelle Herausforderungen zu reagieren.

Die späten 1980er- und frühen 1990er-Jahre waren in Mittel- und Osteuropa von miteinander verknüpften paradigmatischen Umbrüchen geprägt: dem Zerfall des Staatssozialismus und dem Beginn des digitalen und Internet-Zeitalters. Diese Gleichzeitigkeit brachte eine Vielzahl unterschiedlicher Medienarbeiten hervor. EastUnBloc arbeitet Prinzipien heraus, die den gezeigten Arbeiten und ihren Produktionsprozessen zugrunde liegen: „Skripte“, ein Begriff aus der Computer-Programmierung.

Diese „Skripte“ laden die Besucher_innen ein, sich mit den ausgestellten Arbeiten auseinanderzusetzen und dadurch über deren Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu reflektieren. „Realität verbiegen“ umfasst mediale Streiche und andere Hacks. „Nähte sichtbar machen“ legt die Funktionsweisen von Medien offen. „Medien selber machen“ zeigt Ermächtigung durch autonome Medienproduktion, Gegenöffentlichkeit und Interaktivität. „Aus Scheiße Schokolade machen“ bedeutet, begrenzte Ressourcen für maximale Wirkung zu nutzen. „Bringt Freund_innen mit bezieht sich auf Werke, die Gemeinschaften schaffen oder gemeinschaftliche Aktivitäten dokumentieren, und „Raum in der Zeit“ meint Arbeiten, die über räumliche und zeitliche Grenzen hinweg verbinden.

Die gezeigten Arbeiten, die Experimentalfilm, Videokunst, TV-Übertragungsexperimente, Netzkunst, Computerspiele und Installationen umfassen, werden nicht hierarchisch geordnet – weder chronologisch noch geografisch. Vielmehr laden die „Skripte“ dazu ein, die Werke in selbstbestimmter Reihenfolge zu entdecken. Es werden Vintage-Reproduktionstechnologien und veraltete Speichermedien eingesetzt. Ein Medienlabor ermöglicht es Besucher_innen, eigene Medieninterventionen in die Ausstellung einzubringen, indem sie die „Skripte“ anwenden.

Eine Kooperation mit der Wiki-basierten Online-Kunstbibliothek Monoskop stellt detailliertere Texte zu den Werken, den Schaffenden, den behandelten Themen, Städten und Herkunftsländern sowie historischen Zeitlinien bereit. Die Ausstellung wird von Diskussionen, Screenings, Workshops und Performances begleitet. EastUnBloc knüpft an frühere nGbK-Projekte wie „hybrid video tracks“ (2001) und „Left Performance Histories“ (2018) an.

Mit Beiträgen von: Sarah Alberti, Zemira Alajbegović & Neven Korda, Art Servers Unlimited, Tilmann Baumgärtel, Andreas Broeckmann, Radúz Činčera / Alena Činčerová, C.U.K.T., D’epog, Aleksandra Domanović, Eclectic Tech Carnival, Davide Grassi, Marina Gržinić & Aina Šmid, Gusztáv Hámos, Tereza Havlíková, Benjamin Heidersberger, Mike Hentz, Brendan Howell, Infermental, Laibach, Dalibor Martinis, MetaForum, Monoskop, Pneuma Szöv. / TV Free Europe, Pneuma Vizuál, Lucia Repašská, Zbigniew Rybczyński, Sakrowski, Satori, Slovak Game Developers Association / Slovak Design Museum, Igor Štromajer, Szilárd Matusik, Vákuum TV (Dóra Csernatony, Kristóf Forgács, Dániel Garas, Donáta Gajzágó, László Kistamás, Attila Till), Van Gogh TV / Piazza Virtuale, Vašulka Kitchen Brno (Jennifer Helia DeFelice), Sabine Vogel & Mike Steiner, Krzysztof Wodiczko und weiteren mehr.

Gefördert vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds
Die neue Gesellschaft für bildende Kunst (nGbK) wird gefördert von der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt.