Die große Überblicksschau vereint erstmals in Europa zentrale Werke von mehr als 60 Künstlerinnen aus Lateinamerika von Mexiko bis Argentinien. Die ausgewählten Arbeiten erstrecken sich über mehr als ein Jahrhundert und erzählen von künstlerischen wie gesellschaftlichen Veränderungsprozessen, von universellen Zusammenhängen und persönlich Erlebtem. Sie spannen einen großen Bogen, der berühmte Künstlerinnen mit solchen vereint, die über die Jahrzehnte in Vergessenheit geraten sind. Gezeigt werden zentrale Arbeiten von Künstlerinnen wie Leonora Carrington, Lygia Clark, Djanira da Motta e Silva, Tarsila do Amaral, Carmen Herrera, Frida Kahlo, Anna Maria Maiolino, Ana Mendieta, Marta Minujín, Rosana Paulino, La Chola Poblete, Doris Salcedo oder Cecilia Vicuña,.

Die Bewahrung eigenständiger kultureller Traditionen aufeinander folgender Generationen von Künstlerinnen werden in Rückbezügen und Ablösungsprozessen, Kontinuitäten und Widersprüchen in einer großen medialen Vielfalt vorgestellt. So sind sehr selten gezeigte oder in Europa noch nie ausgestellte Werke zu sehen. In den vielfältigen Kunstgeschichten Lateinamerikas werden größere Zusammenhänge lesbar, die jenseits individueller Sprachen und Biografien auf plurale kulturelle Identitäten und Herkünfte verweisen, aber auch gesellschaftliche Hemmnisse, Zensur, instabile politische Verhältnisse oder Brüche. Letztere spiegeln sich aus heutiger Sicht vor allem in dekolonialen Perspektiven, die Verflechtungen von Gegenwart und Geschichte neu betrachten.

Die große Vielfalt an Techniken und kulturellen Praktiken zeigt, dass die Protagonistinnen jenseits ihrer künstlerischen Qualität eine zentrale Rolle für permanenten Wandel spielen und bis heute mit ihren drängenden Fragen wichtige Impulse für tiefgreifende Veränderungen geben. Die Ausstellung geht daher den eigenständigen künstlerischen Sprachen auch in ihrer Bedeutung für kulturelle Identitäten und Prozesse der Selbstermächtigung nach. Das Ausgesetztsein des Körpers, seine Befreiung und Verletzlichkeit, feministische Aufbrüche und Rückschläge über alle Generationen hinweg sind nur einige Beispiele der Themen, die sich durch die Ausstellungskapitel ziehen. In den Biografien und Themen einiger Künstlerinnen treten die jeweiligen politischen Verhältnisse unmittelbar zutage: So zeigt die Ausstellung die aktiven Achsen zwischen den aufkommenden Kunstszenen in Lateinamerika, Europa und den USA, nachdem sich Ende des 19. Jahrhunderts die ersten Akademien für Studentinnen öffnen. In den 1930er und 1940er Jahren fliehen Künstlerinnen vor Verfolgung durch die Nationalsozialisten aus Europa nach Lateinamerika oder emigrieren zwischen den beiden Weltkriegen oder nach Ende des 2. Weltkriegs dorthin, etwa Grete Stern, Remedios Varo oder Gego, die die lokalen Kunstszenen maßgeblich beeinflusst haben, Olga Costa oder Anna Maria Maiolino. Ab den 1970er und 1980er Jahren gehen Künstlerinnen aus Lateinamerika aufgrund von Verfolgung durch diktatorische Regime ins Exil in Nachbarstaaten, nach Europa und Nordamerika, wie etwa Cecilia Vicuña oder Feliza Bursztyn.