Seit sie 1998 während ihres Masterstudiums an der UCLA mit Drylongso ihren ersten einflussreichen Spielfilm realisierte, hat die international bekannte Filmemacherin und Künstlerin Cauleen Smith (geb. 1967, Riverside, USA) ihre Praxis zunehmend in den Bereich der bildenden Kunst und das Arbeiten mit immersiven Ausstellungsformaten überführt. Geprägt vom politisch engagierten Kino der 1960er- und 1970er-Jahre, von feministischen und afrofuturistischen Bewegungen sowie von Jazz, Lyrik, Diskurs und Literatur, kombiniert Smith Film mit anderen künstlerischen Medien und experimentellen Formen des Erzählens. Sie befragt und erweitert vorherrschende Formen westlicher Wissenssysteme und stellt diesen alternative, auf Schwarzer Kultur und der Erfahrung der Afrodiaspora beruhende Vorstellungswelten und Zukunftsszenarien entgegen.
Im Zentrum der monografischen Ausstellung in der Kestner Gesellschaft – es handelt sich um Smiths erste umfassende Präsentation in Deutschland – steht die titelgebende Filmtrilogie The Volcano Manifesto, bestehend aus My Caldera (2022), Mines to Caves (2023) und The Deep West Assembly (2024). Davon ausgehend sind neben ortsspezifischen Eingriffen der Künstlerin in die Architektur der Ausstellungshallen, Werke aus zwei Jahrzehnten zu sehen – darunter etwa die großformatige Videoinstallation …we are running… (2019), neu produzierte Flaggen und Stoffbanner (2025), die handgegossenen topologischen Kerzenskulpturen NONCONFORMITY 1–5 (2024), ihre Ikebana-Videos (seit 2010) oder eine Serie aus Zeichnungen von Titelseiten von Büchern (2024), auf die sie für ihre Projektrecherchen zurückgreift. Im Zusammenspiel eröffnen die Arbeiten komplexe, non-lineare Meditationen über geologische wie auch kinematografische Zeit, über Vulkane und Höhlen, über menschliche Verantwortung und Transformation und darüber, welche Möglichkeiten und Potentiale aus apokalyptischer Zerstörung hervorgehen können.
Den Auftakt der Ausstellung bildet ein Reading- und Listening-Raum mit Büchern und Schallplatten, der das Publikum zum gemeinsamen Austausch, zum Verweilen und zur Beschäftigung mit den Themen aus Smiths Arbeit und ihren Recherchen einlädt. Das Muster der von der Künstlerin gestalteten Tapete beruht auf Recherchen zu einer Pflanze namens Pandanus candelabrum, einer gefährdeten Palmenart, die in den tropischen Gebieten Afrikas in Böden über diamanthaltigem Kimberlitgestein gedeiht. In Smiths eigenen Worten: „Mir geht es darum, einladende Räume zu schaffen, in denen man sich so lange aufhalten kann, wie man möchte, um über die in den Arbeiten aufgeworfenen Fragen nachzudenken; Zeitgenössische Kunst ist für mich ein aktiver Raum, der möglichst zur Auseinandersetzung und zum Gespräch einladen sollte“.
Cauleen Smith lebt in Los Angeles, wo sie als Professorin für bildende Kunst am California Institute of the Arts (CalArts) unterrichtet. Ihre Arbeiten waren bereits in einer Vielzahl international renommierter Gruppenausstellungen und Biennalen zu sehen. Zu ihren jüngsten Einzelausstellungen gehören Mines to Caves (2023) im Aspen Art Museum, The Wanda Coleman Songbook (2024) bei 52 Walker, New York, The Deep West Assembly (2024) im Astrup Fearnley Museet, Oslo, sowie die Überblicksausstellung Afflict the Comfortable, Comfort the Afflicted bei Zeitz MOCAA in Kapstadt (bis Oktober 2026). Smith wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet – darunter von Creative Capital, der Foundation for Contemporary Arts und der Herb Albert Foundation.
Goseriede 11
30159 Hannover